Auf der Queen Victoria Herbst 2009

[New York, New England und Kanada]

Bei der Rückfahrt haben wir auf der QM2 bereits die nächste Fahrt, diesmal mit der neu erbauten Queen Victoria gebucht: September/Oktober 2009 nach New York, New England, zu den kanadischen Atlantikprovinzen bis nach Quebec und zurück, mehr als zwanzig Tage auf See. Wir bekommen einen Frühbucherrabatt, jeder einen 300 Dollar-Gutschein für Ausgaben an Bord, etliche Zeit im Internet Room und haben uns wieder für eine Kabine bei den Rettungsbooten entschieden. Die Abwicklung ist altmodisch „britisch“; als die Restsumme über die Kreditkarte abgebucht werden soll, geht das angeblich nicht, dann überweisen wir das Geld auf ein Konto von Cunard in Hamburg, dazu muss unsere Bank das Tageslimit für Überweisungen mal kurz erhöhen. Die Reiseunterlagen kommen in zwei Umschlägen, die fehlerhaft beschriftet sind, so dass einer zunächst umgeleitet wird. Dies alles führt zu einigen Mails und Anrufen hin und her und am Ende haben wir auf einmal eine Kabine mit Balkon – ohne Sichtbehinderung und ohne Aufpreis!

Wir müssen auch von Berlin nach London fliegen, haben eine Lufthansa-Flugnummer, fliegen aber mit „British Midland“. Unsere Kabine ist sehr schön, der Balkon ein zusätzlicher Raum, wenn die Sonne scheint, sitzt man hier sehr bequem. Die Innenarchitektur ist klassisch-elegant, ein braun-beiger Ton überwiegt. Die Linienführung ist traditionell, außen ist das Schiff in Schwarz, Rot und Weiß gestrichen, hat eine schlanke Linie und einen spitzen Bug.

Das Publikum ist diesmal sehr britisch, ca.1600 Engländer und nur 300 Deutsche. Auf der QM2 waren auch Leute, die von oder nach New York umzogen, mit viel Gepäck, mit Kind und Kegel und Haustieren.Es gab sogar ein eigenes Revier für den Hundeauslauf! Auf dem Rückweg hatten wir Udo Lindenberg und seine Musiker an Bord und den Autor Stuckrad-Barre.

Das im Durchschnitt doch sehr betagte englische Publikum auf der Queen Victoria verbringt vor allem am Frühstücksbuffet etliche Zeit mit dem Zubereiten diverser Porridge – und Griesbreisachen und des Tees, so dass man kaum an den Kaffepott kommt, was mich zunehmend ärgert. Manchmal sind auch die Tische knapp, weil Passagiere einfach nur herumsitzen, was dazu führt, dass andere Gäste schon mal laut fragen: „Are you finished?“ oder „Have you finished?“. Immerhin lerne ich bei dieser Gelegenheit, dass beide Versionen der Frage korrekt sind. Zu den anderen Tageszeiten verteilt sich das Publikum mehr, so dass es nicht zu Staus kommt.

Gegen Mittag spielt im Winter Garden bei einem der Pools eine karibische Band, die eigentlich für Stimmung sorgen soll. Aber auch hier sitzen die betagten Leute schon bald nach dem Frühstück und dösen mit offenem Mund. Wenn sie mal wachwerden, geht es zum Mittagessen, dann gibt es Afternoon Tea im Queens Room und bald das Dinner... Historisch interessant ist das Museum Cunardia: es informiert über die bisher 180 für Cunard gebauten Schiffe und enthält einige Einzelstücke wie den Aschenbecher, den Winston Churchill bei einer Reise für seine Zigarren benutzte. Dann ist da noch eine zweigeschossige Bibliothek mit 6.000 Büchern, mit Holzvertäfelung, Buntglas und Clubsesseln und einer Wendeltreppe.

Und schließlich das übliche Spiel-Casino, die einzige Location an Bord, wo man mit Bargeld bezahlen kann. Hier gewinnen wir unerwartet 13 Dollar nach einer halben Stunde Spiel. Über das ganze Schiff verteilt finden sich Fotos von Prominenten, die auf Schiffen der Cunard gefahren sind und sogar ein Modell der „Countess“, mit der wir 1976 durch die Karibik gefahren sind.

Das Wetter ist herrlich, so verbringen wir die meiste Zeit auf Deck bei einem der Pools, bis kurz vor Ende der Reise ist das Wetter durchgängig so, dass wir täglich ins Schwimmbad können! Wenn uns mal nicht danach ist, geht’s in die Sauna oder den Fitnessbereich.


New York

Die Einfahrt ist wieder ein Erlebnis und diesmal geht es nicht nach Brooklyn, sondern nach Manhattan zur Pier 88! Der Captain hat das schon mehrfach stolz verkündet, Pier 88 liegt ganz zentral. Wie ich später feststelle, bin ich 1956 mit meiner Mutter an der Pier 86 nebenan mit der „United States“ angelandet.

Als kompliziert erweist sich allerdings die Einfahrt, die beiden „Tug Boats“ des Hafens schaffen es nur mühsam, das Schiff „um die Ecke“ zu bringen. Wind drückt die Queen ab, als sie halb in der Einfahrt hängt und auch mit den Bugstrahlrudern dauert es eine ganze Weile, bis wir angelegt haben. In den nächsten Tagen ist mehrfach von einer dringenden Reparatur die Rede, wir vermuten, das hat mit dem verpatzten Manöver zu tun, irgendwas ist wohl heißgelaufen.

Wir haben zwei Tage in New York und fahren als Erstes zum Guggenheim-Museum. Um 10 Uhr morgens sind wir bei den ersten Besuchern der aktuellen Wassili Kandinski-Ausstellung, die das ganze Gebäude umfasst. Danach geht es zu Fuß weiter zur benachbarten „Neuen Galerie“, die in einem eleganten neoklassizistischen Stadthaus untergebracht ist, das einst der Frau von Cornelius Vanderbilt gehörte. Hier gibt es gerade eine Oskar Kokoschka-Austellung.

Weiter die 5th Avenue nach Süden bis zur Grand Army Plaza und dem luxuriösen Plaza Hotel, wo wir uns in der Lobby etwas ausruhen. Im benachbarten Ritz suchen wir nach deutschen Zeitungen und bekommen einen heißen Tipp: im Union Square Magazin Shop, 200 Park Ave. werden wir tatsächlich fündig. Mittags sind wir in der Grand Central Station und speisen in der riesigen „Oyster Bar“. Hier ist es extrem laut und voll, aber das Essen kommt schnell und ist sehr gut.

Wir werfen einen Blick in die berühmte Public Library und fahren dann zum Observation Deck des Empire State Buildings. Hier müssen wir eine Weile anstehen und einmal den Aufzug wechseln. Das ist ärgerlich, denn von dem zweiten Aufzug gibt es nur zwei Stück und einer ist stillgelegt. Oben entschädigt uns die schöne Aussicht, wir sehen sogar die Queen Victoria, anschließend gehen wir einige Stockwerke zu Fuß runter, um nicht wieder warten zu müssen. Am späteren Abend spazieren wir den Times Square auf und ab und dann ist ein anstrengender New York-Tag zu Ende.

Am nächsten Morgen geht’s zunächst zum „Meatpacking District“. Hier gibt es einen ganz neuen Park, die "Highline" in zehn Metern Höhe, auf der ausgedienten Trasse einer ehemaligen Hochbahn. Man kann hier überirdisch flanieren und hat einen guten Blick auf das Meatpackingviertel, es gibt Sitzgruppen, die man auf den alten Schienen hin- und herschieben kann. Die Schienen wurden nämlich teilweise erhalten, dazwischen herrscht gewollter Wildwuchs, hauptsächlich durch die Pflanzen, die sich hier im Laufe der Jahre selbst angesiedelt haben. Dieser Park auf Stelzen geht auf einer Länge von 2,3 Kilometern bis zur 20. Straße. Mittendrin schwebt scheinbar ein spektakulärer Bau mit viel Glas, das stylishe „Standard Hotel“. Ganz in der Nähe zwei weitere „angesagte“, aber auch teure Hotels, das Soho House und das Gansevoort.

Nicht weit von dieser Gegend, am Union Square ist heute Greenmarket, angeblich der größte und schönste Wochenmarkt in New York. Obst und Gemüse, Brot, Blumen, Fleisch und Käse von Bauernhöfen der Umgebung. Es macht Spaß, auf dem Markt herumzulaufen.

In der warmen Sonne pausieren wir etwas im Washington Square Park, dann fahren wir mit Taxi in die Mulberry Street in der Chinatown in ein bodenständiges Restaurant. Hier gibt es Essen für Chinesen, weniger für Touristen. In einem benachbarten kleinen Park musizieren einige Chinesen.

Nun haben wir uns allmählich nach South Manhattan vorgearbeitet. Zu Ehren unserer Reederei wollen wir uns am Broadway das Haus ansehen, wo früher die Transatlantik-Passagiere abgefertigt wurden. Dort soll eine Postfiliale sein, aber die ist ausgezogen, nur die Inschrift „Cunard House“ prangt noch draußen.

Am Ground Zero ist wie im Vorjahr kaum zu erkennen, wie weit die Bauarbeiten sind, aber im Battery stoßen wir diesmal auf „The Sphere“, ursprünglich ein Globus aus Bronze-Segmenten auf einem Stahlgerüst, ein Werk des deutschen Bildhauers Fritz Koenig. Es stand zwischen den Türmen des World Trade Center und überstand schwer beschädigt den Einsturz der Türme. Im Inneren der aufgerissenen Kugel wurden unter anderem Wrackteile der in die Türme gestürzten Flugzeuge gefunden. Seit 2002 steht die Skulptur als temporäres Mahnmal hier. Der Anblick ist lässt uns schaudern.


Boston, Portland & Bar Harbor

Unser Transatlantik-Liner ist jetzt “nur” noch ein Kreuzfahrtschiff, das uns über Boston und Portland (Maine) nach Bar Harbor und dann zu den kanadischen Alantikprovinzen bringt. Der geplante Stop in Newport, Rode Island fällt allerdings aus, wegen zu hohem Wellengang zum Tendern. Das Anlegen in Boston ist unproblematisch, wir werden von einem Feuerwehrboot begleitet, das uns zu Ehren riesige Wasserfontänen versprüht.

Da wir wie üblich keinen der überteuerten Ausflüge gebucht haben, liegen wir zunächst in der Morgensonne auf Deck und beobachten den Betrieb auf dem nahegelegenen Airport. Die startenden Flugzeuge, die über uns hinwegdonnern, fliegen allesamt direkt nach dem Start eine starke Kurve. In der Stadt folgen wir etwas dem Freedom Trail, einer roten Linie im Boden, die auf gut vier Kilometern durch die Innenstadt zu über einem Dutzend historischen und modernen Attraktionen führt. Besonders beeindruckt uns das Irish Famine Memorial, das eine irische Einwandererfamilie zeigt und an die große irischen Hungersnot Mitte des 19.Jahrunderts erinnert.

Wir spazieren zum Quincy Market und der Faneuil Hall, Ort der Rebellion gegen die Briten im 18. Jahrhundert. Heute ist hier ein quirliger Markt mit einem Riesenangebot von Bagels, Salaten, Pizza, Fisch und Süßigkeiten. Wir gehen zur Waterfront und essen in Joe's American Bar & Grill direkt am Wasser Fisch.


Portland – Maine

Es ist der erste Besuch der Queen Victoria, deshalb gibt es eine Sonderausgabe der örtlichen Zeitung und Leute vom Tourist Office erwarten uns am Hafen. Dort drücken sie uns Stadtpläne und eine stabile grüne Tasche in die Hand, die wir gut gebrauchen können und die viele Passagiere den Rest der Reise mit sich herumtragen. Selbst am Flughafen London werden wir diese Taschen noch sehen. Das ganze Hafengebiet ist hübsch saniert, mit teuren Wohnungen und einem Stück der Berliner Mauer. Das trägt u.a. die Inschrift: „Forget not.. this horrid place“.

Wir ziehen los und durchwandern die überschaubare Gegend rund um den alten Hafen. Backsteingebäude aus dem 19. Jahrhundert im viktorianischen Stil wechseln sich ab mit modernen Hochhäusern, hier herrscht Kleinstadtcharme. Da gibt es die Portland City Hall aus den Jahren 1909-1912, ein U.S. Customs House von 1868-1871 und ein Regency-Hotel im alten Armory Gebäude der Armee, auch sehr charmant.

Mittags treffen wir Jean, eine amerikanische Freundin und gehen ins „DiMillo's Restaurant, über dem Wasser gelegen, in einer früheren Autofähre. Prahlerisch verheißt der Prospekt: „The only floating restaurant on the upper East Coast!”, was natürlich niemand nachgeprüft hat. Hier bekommen wir Maine-Lobster aufgetischt. Jean fährt uns mit ihrem Wagen raus aus der Stadt, zunächst zum Tate House, 1755 von einem Seemann erbaut, mit einem Kräutergarten. Leider ist das Haus selbst zur Zeit geschlossen.

Weiter geht’s zum Fort William. Dort steht ein berühmter und besonders hübscher Leuchtturm, das Head Light, 1787-1791 erbaut, über 30 Meter hoch. Dann fahren wir noch ein Stück auf der Interstate bis nach Kennebunkport, das in den achtziger Jahren bekannt wurde, weil die Präsidentenfamilie Bush hier ein stattliches „Ferienhaus“ besitzt. Ansonsten ist Kennebunkport ein typisches New England- Städtchen. Zahlreiche der weiß gestrichenen Häuser sind im „Federal Style“ von Familien erbaut worden, die im 19. Jahrhundert als Seeleute Geld gemacht hatten. Natürlich gibt es heutzutage auch Läden, Galerien, Cafés und Restaurants. Außerhalb erahnen wir die schönen Strände wie Gooch's Beach und Kennebunk Beach.

Auf der Fahrt haben wir immer wieder schöne Blicke aufs Meer. Am frühen Abend geht es dann mit unserem Kreuzfahrtschiff langsam hinaus aufs Meer, vorbei an malerischen kleinen Inseln.


Bar Harbor/Maine und der Acadia National Park

Das kleine Städtchen Bar Harbor liegt an der Ostseite von Mount Desert Island, der drittgrößten Insel an der Atlantikküste. Es wurde 1796 gegründet und ist umgeben von grandioser Natur. Die übliche High Society der Rockefellers, Astors, Fords und Vanderbilts etablierte hier Anfang des 20. Jahrhunderts eine Sommerkolonie. Heute besteht das Zentrum fast ausschließlich aus Holzhäusern mit netten kleinen Geschäften. Am Hafen werden wir wieder großartig empfangen mit einer Schüler-Band und einem riesigen Kuchen mit der Queen Victoria drauf. Das Schiff liegt draußen auf Reede und wir werden mit bordeigenen Rettungsbooten an Land gebracht.

Natürlich wollen wir die einzigartig schroffe Schönheit der Insel erkunden und durch den Acadia Nationalpark fahren. Das geht mit einer der überteuerten Touren vom Schiff aus, aber auch mit Bussen, die ständig vom Ort aus auf verschiedenen Routen durch den Park pendeln. Das kostet eigentlich gar nichts, man muss nur in der Parkverwaltung einen kleinen Obolus entrichten!

Wir fahren also los und freuen uns über fantastische Aussichten auf Felsen, Kliffe und das Meer und halten kurz in North East Harbor, einem winzigen rauen Kaff am Meer.

Zurück im Ort wollen wir mal wieder unsere eMails durchgehen, was in Amerika am besten in einer Public Library geht. Dort gibt es überall die gleichen netten und bemühten ältlichen Damen, die uns gern helfen. Auch heute ist uns wieder nach Hummer zumute, deshalb lassen wir das Bordessen sausen und kehren direkt am Hafen in einem Fischrestaurant ein, das anscheinend „Quarterdeck“ heißt oder auch Lobster House, jedenfalls sitzen wir oben auf Deck.


Die kanadischen Atlantikprovinzen

„Autumn Colours“, das Motto unserer Cuise, bezieht sich auf den „Indian Summer“ in Ostkanada, wenn sich die Ahornbäume flammend rot färben. Dieses Jahr verspätet sich der Indian Summer aber, so sehen wir erst allmählich auf dem Weg nach Quebec tatsächlich hier und da diese Pracht. Dafür ist hier an der East Coast das Meer allgegenwärtig mit beschaulichen Buchten, fjordähnliche Häfen und großen Waldgebieten.

Die vier kanadischen Provinzen Nova Scotia, New Brunswick, Newfoundland und Prince Edward Island haben wir noch nie besucht. Zahlreiche kleinere Ortschaften prägen das Bild der Atlantikprovinzen, wir bekommen bei unserer Cruise davon natürlich nur einen kleinen Eindruck. Die spektakuläre Küste ist mehr als 28 000 Kilometer lang. Historisch gesehen war das atlantische Kanada lange Zeit zwischen England und Frankreich umkämpft.

1583 wird Neufundland von der englischen Krone in Besitz genommen, 1608 gründet Samuel de Champlain Quebec City für die Franzosen. Im Frieden von Utrecht von 1713 tritt Frankreich seine Rechte u.a. in Akadien und Neufundland an Großbritannien ab. „Akadier“ nennt man die Nachkommen französischer Siedler in den Provinzen der East Coast und Québec. Sie stammen wohl von den frühen Hugenotten ab bzw. von einer Gruppe von 300 Siedlern, die im 17.Jahrhundert von Frankreich herkamen. Nachdem Frankreich Akadien endgültig an die Briten abgeben musste, lehnten viele Akadier den Loyalitätseid auf die britische Krone ab. Unerbittlich wurden daraufhin Familien auseinander gerissen und auf die englischen Kolonien verteilt. Innerhalb von acht Jahren wurden zwischen 6.000 und 10.000 Akadier vertrieben. Nur an der Nordküste New Brunswicks konnten sich Bevölkerungsteile der Akadier halten.

Unser erster Stop ist Saint John, die größte Stadt der Provinz New Brunswick und die älteste Stadt Kanadas. Hier leben etwa 70.000 Menschen. Die Hungersnot um die Mitte des 19. Jahrhunderts in Irland verursachte einen großen Einwanderungsschub.

Saint John ist eine Hafenstadt mit Holz- und Papierindustrie und einer Erdölraffinerie, die Stadt war lange Zeit auch das Schiffbauzentrum Kanadas. Die Straßen sind eng. Schwarze klobige Telegrafenmasten mit einem Gewirr von Drähten stehen überall herum, manche Straßenzüge erinnern an Westernfilme. Viele Häuser sind aus Holz. Die Stadt liegt im Süden an der Bay of Fundy. Der Saint John River fließt im Stadtzentrum durch eine schmale Schlucht. Dabei ist ein besonderes Phänomen zu beobachten: Bei Flut in der Bay of Fundy wird die Fließrichtung des Flusses auf einigen Kilometern Länge umgekehrt.

Als größte Sehenswürdigkeit haben wir schnell den Market Square ausgemacht. Dort liegen das New Brunswick Museum, die Saint Regional Library, sowie eine überdachte Shopping Mall mit Boutiquen, Cafés, Restaurants und Geschäften. und Das Museum wurde bereits Ende des 18. Jh. gegründet und zählt damit zu den ältesten in Kanada. Zu den Schwerpunkten der Sammlung gehören die Geschichte der Provinz und indianische Kunst, Walskelette und Schiffsmodelle. Ansonsten ist Saint John doch ein ziemlich schläfriges Nest und wir kehren gegen Mittag wieder zur Queen Victoria zurück.

Da ist unser nächstes Ziel Halifax von ganz anderem Kaliber. Um 1750 wurde die nach einem britischen Minister benannte Siedlung zur Hauptstadt von Nova Scotia. Sie bildete einen wichtigen Stützpunkt gegen die Franzosen. Einen Boom erlebte Halifax, als während der beiden Weltkriege große Konvois mit Ausrüstung und Munition den Hafen Richtung Europa verließen.

Eine Katastrophe ereignete sich im Dezember 1917, als im Hafen ein Munitionsschiff und ein Dampfer kollidierten. Die gewaltige Detonation legte die halbe Stadt in Schutt und Asche, 2000 Einwohner kam ums Leben. Halifax hat eine lange Hafenpromenade und noch viel Kleinstadtcharme. Die alten Lagerhallen sind restauriert und in den sog. Historic Properties sind etliche schmucke Geschäfte, Pubs und Restaurants eingezogen. In Halifax wurde auch der Gründer unserer Cruise Line, Samuel Cunard 1787 geboren. In einem modernen Holzgebäude ist ein interessantes Maritime Museum untergebracht. Ausstellungsschwerpunkte sind die Geschichte des Fischfangs in den Atlantikprovinzen, es gibt einige Boote und beeindruckende Schiffsmodelle zu sehen. Gleich nebenan befindet sich die Anlegestelle der Fähre zum Stadtteil Dartmouth. Wir fahren kurz hin und zurück, um das Panorama von Halifax zu genießen.

Bei dieser Art Kreuzfahrt mit wenigen Stunden in den Häfen ist natürlich ein näheres Kennenlernen der Atlantikprovinzen nicht möglich. Man müsste mit einem Mietwagen das Umland erkunden. In Quebec liegen wir erstmals seit New York mal wieder über Nacht im Hafen und können uns die Stadt etwa genauer anschauen.


Québec City

Bei der Fahrt von Halifax nach Québec geht es um das Cap Breton herum und dann in den St. Lorenz-Golf. Wir haben erstmals wieder das Gefühl, auf hoher See zu sein. Wir sind in einem riesigen Mündungsgebiet, das einem Binnenmeer gleicht.Ab der Anticosti-Insel sind wir dann auf dem Sankt-Lorenz-Strom, der sich allmählich verengt, aber wir sehen noch kein Ufer.

Der St. Lorenz-Strom verbindet den Atlantik und die große Seenplatte mit dem Ontario See. Seit seiner Erforschung durch Jacques Cartier im 16. Jahrhundert ist dieser mächtige Strom die Lebensader der Provinz Québec. Wir legen am Morgen in der Altstadt direkt unter dem Chateau Frontenac an. Es sind wirklich nur Schritte bis in die Innenstadt. Die Stadt Québec gilt als „Wiege der französischen Kultur in Amerika“, was immer das heute sein mag. Sie hat an die 700.000 Einwohner. Nach mehreren vergeblichen Anläufen auf Quebec City fiel nach der entscheidenden Schlacht im Jahre 1759 Französisch-Kanada schließlich an die englische Krone.

Québec hat ein Panorama, das etwas an andere schon von der Lage her phantastische Städte wie Hongkong oder Vancouver erinnert: die Stadt thront hoch über dem St. Lorenz-Strom auf einem Kap. Im Jahre 1608 gründete Samuel de Champlain hier einen Pelzhandelposten. Während sich religiöse und politische Institutionen in den Stadtmauern der Oberstadt (Haute-Ville) einrichteten, ließen sich Händler und Handwerker in der Unterstadt (Basse-Ville) am Ufer des St. Lorenz nieder.

Unten, wo wir angekommen sind, liegt „Petit-Champlain“ mit der Place Royale: Hier ließen sich 1608 die ersten französischen Siedler nieder. Es waren Händler und Kaufleute, die schnell zu Geld kamen und sich hübsche Häuser bauten. Die Häuser stehen original restauriert rund um den Platz, in der Mitte eine Büste von König Ludwig XIV. Das Quartier Petit Champlain besteht eigentlich nur aus zwei schmalen Parallelstraßen - der Rue du Petit-Champlain und dem Boulevard Champlain, aber es gibt hier viele Boutiquen, Galerien und natürlich Restaurants.

Wir entdecken das hübsche Théatre Petit Champlain und sichern uns gleich zwei Karten für den Abend, wo eine Chansonsängerin namens Veronik Talbot auftritt.Oben beherrscht das Nobelhotel Château Frontenac mit seinen mittelalterlich anmutenden Türmchen und Giebeln die Szene.

Von der anschließenden Promenade Terrasse Dufferin haben wir einen herrlichen Blick auf den Strom – und die Queen Victoria. Von hier aus gehen wir auf der Gouverneurs-Promenade bis zur 1820 nach Plänen des französischen Militärarchitekten Vauban errichteten Zitadelle und dann durch eines der Stadttore wieder in die Altstadt.

Die Haute-Ville (Oberstadt) ist das eigentliche Zentrum der Stadt. Hier befanden sich einst die Gouverneursresidenz sowie alle religiösen Einrichtungen (darunter das 1639 gegründete Ursulinenkloster) und der gesamte Verwaltungsapparat. Viele Gebäude zeugen noch vom direkten französischen Einfluss des 17. und 18. Jahrhunderts, der Großteil stammt aber aus dem 19. Jahrhundert und weist klassizistische Züge auf. Typische Beispiele für diese teils monumentale Architektur sind das Rathaus, erbaut 1895, und die Basilika Notre-Dame de Québec.

Das Château Frontenac von 1892, ist ein imposantes Gebäude mit Kupferdach und einem Hotel mit 600 Zimmern sowie zahlreichen Geschäfte und Boutiquen. Von der Place d’Armes aus machen wir mehrere Rundgänge durch die Straßen St.Jean und Ste. Anne. Dabei kommen wir auch durch die Rue du Trésor, eine kaum mehr als drei Meter schmale, mit Markisen überspannte Gasse, wo Maler ihre Bilder verkaufen. Das erinnert durchaus an den Pariser Montmartre.

Abends lassen wir das Menu im Britannia Restaurant sausen und kehren im Restaurant „Aux Anciens Canadiens“ ein, das im ältesten Haus von Québec aus dem Jahr 1675 beheimatet ist, mit viel historischem Charme, exzellentem Essen und Wein aus der Region. Wir haben Glück, es gibt am frühen Abend eine „Happy Hour“ bei stark reduzierten Preisen (natürlich nicht für den Wein).

Am nächsten Tag wollen wir die Quartiers St. Roch und Joseph außerhalb der Stadtmauer erkunden und fahren mit Taxi zur Place Youville. Von dort schlendern wir durch kleine Straßen, die weniger rausgeputzt und touristisch sind, eher altmodisch-morbid. Hier stören sehr die wirr durcheinander hängenden Elektroleitungen – wie in einer amerikanischen Kleinstadt. Eine Spezialität in Québec sind Wandmalereien; auch Pfeiler der Stadtautobahn sind statt mit Graffiti mit künstlerisch anspruchsvollen Gemälden gestaltet.

Irgendwann kommen wir auch am Bahnhof vorbei und stellen uns vor, wir würden jetzt in den Zug steigen und bis nach Vancouver fahren, was wir von Toronto aus schon einmal gemacht haben. Stattdessen geht es Richtung Queen Victoria.


Zurück über den Atlantik

Unser Kapitän hat eine schlechte Nachricht: unser geplanter Stop in St. John’s auf Neufundland fällt aus! Er berichtet, dass zwei Tiefs auf unserer Strecke gen England vor uns liegen. Irgendein Ausläufer macht die Passage durch die schmale Einfahrt nach St. John’s riskant, das will man unserem Schiff nicht zumuten. Wir sind enttäuscht, denn St. John’s ist sehr sehenswert und von dort sind es nur vier Tage über den Atlantik nach England. Nun fahren wir also sechs Tage durch von Québec nach Southampton, psychologisch jedenfalls für mich ein Unterschied, denn es wird mir erstmals auf dem Schiff dann doch etwas langweilig.

Im eleganten „Spa“ des Queen Victoria oder der Bibliothek lässt es sich gut aushalten, auch auf unserem Balkon, aber die Überfahrt wird lang und länger...Der Captain verkündet dann, dass wir dem einen Tief „davonlaufen“ werden und das andere nach Norden abzieht. Wir haben uns im Internet selbst schlau gemacht und sehen das genauso. Tatsächlich: fast die ganze Fahrt haben wir für Oktober tolles Wetter, können, bis wir südlich von Irland einen ganzen Tag in Nebel geraten, jeden Tag draußen am Pool sitzen und sogar baden!